11. JUNI 2015Investitionen für Wachstum in Europa statt schwarze Null und Schuldenbremse Sehr geehrter Herr Präsident / Sehr geehrte Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
bei der Einführung des Euro hat die damalige PDS kritisiert, dass eine Währungsunion ohne Wirtschafts- und Sozialunion nicht funktionieren würde. Wie zutreffend sich diese Kritik im Nachhinein erweist, erleben wir seit nunmehr mehreren Jahren in Form der europäischen Banken- und Währungskrise.
Dass es in der Europäischen Union kein Zuviel, sondern ein Zuwenig an wirtschaftspolitischer Koordination gibt, hat sich seit einigen Jahren nun auch anderswo herumgesprochen. Im Jahr 2010 wurde der Europäischen Kommission deshalb mit dem sogenannten „Europäischen Semester“ ein Instrument zur Koordinierung der Wirtschaft- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedsstaaten an die Hand gegeben. Im Prinzip wäre das begrüßenswert. In der Realität erweist sich das Europäische Semester als ein weiteres Instrument zur Angleichung von Löhnen und Sozialleistungen nach unten. Deshalb wird es als Mittel der wirtschaftlichen Koordinierung von der LINKEN angelehnt.
Die maßgebliche Ursache für das wirtschaftliche Ungleichgewicht in Europa liegt in der Dominanz der deutschen Exportwirtschaft und des gleichzeitigen, gewaltigen Investitionsstaus unter dem Dogma von Schuldenbremse und schwarzer Null. Dieser Logik folgt die Kommission auch im Europäischen Semester: In ihren Empfehlungen für die nationalen Reformprogramme fordert sie Anhebungen im Renteneintrittsalters, Bindung der Löhne an die Produktivität oder die Ausrichtung von Wissenschaft und Forschung auf die Bedürfnisse der Wirtschaft. Dabei sind es genau diese neoliberalen Irrwege, die Europa zusammen mit einem völlig unterregulierten Bankensektor in die derzeitige Krise geführt haben.
Was Deutschland und Europa statt weiterer Sparprogramme und Privatisierungswellen braucht, ist eine umfassende Investitionsoffensive in den Bereichen Infrastruktur, Bildung, Steigerung der Energieeffizienz, Förderung von erneuerbaren Energien, öffentlicher Nahverkehr, Barrierefreiheit und öffentlicher Beschäftigung. Damit können wir hierzulande anfangen, indem wir unsere Autobahnen und bröckelnden Brücken sanieren, den Investitionsstau an den Universitäten und in den Kommunen auflösen, für ausreichend Personal im Pflege und Gesundheitsbereich sorgen und diese Menschen auch noch angemessen bezahlen. Da kleckern sie nur. Angesichts der Milliardenspielräume, die uns der Haushalt bietet wäre Klotzen angesagt. Damit könnten wir wirkliche Impulse für Wachstum und Beschäftigung hier und in ganz Europa schaffen.
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